Auf den Tag genau 188 Jahre ist es her, dass Jean Francois Champollion am 27. September 1822 vor der französischen Akademie der Inschriften und der schönen Literatur in Paris bekannt gab, dass er mit Hilfe des Steins von Rosette das Geheimnis der Hieroglyphen entschlüsselt habe. Aus Anlass des Jahrestages hier ein kleiner (erweiterter) Auszug aus der Geschichte der Entschlüsselung der Hieroglyphen - ein Thema, zu dem ich auch im Rahmen einer kleinen Mediengeschichte in meinem Buch 'Digitale Kommunikation' geschrieben habe.
Im Jahre des Herrn 1798 landete Napoleons Expeditionskorps in Ägypten mit dem Ziel, strategisch wichtige Punkte entlang der lukrativen Handelsroute in den fernen Osten – zuerst Malta, dann Ägypten – in französischen Besitz zu bringen. Ein Offizier des Ingenieurkorps, Pierre Francois Xavier Buchard, fand den nach seinem Fundort benannten ”Stein von Rosette“ wohl eher aus Zufall bei der Beschaffung von Baumaterial für die Erweiterung einer Festungsanlage. Der Stein enthält drei Inschriften, die denselben Text – die Kopie eines Dekrets, erlassen von einer Priestersynode, in der sich diese beim Pharao Ptolemaios V. Epiphanes (204–180 v. Chr.) für dessen Großzügigkeit bedanken – in zwei Sprachen und drei Schriften
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Das obere Drittel ist in Hieroglyphenschrift abgefasst, die Mitte in demotischer Schrift und der untere Teil in Griechisch. Der leicht lesbare griechische Text endete mit der Anweisung, das Dekret in den drei Schriften einzumeiseln. Daher mussten die drei Texte identisch sein. Der historische Wert des Steins wurde sofort erkannt und den französischen Wissenschaftlern, die Napoleon auf seinem Feldzug in Ägypten begleiteten, zur Verfügung gestellt. Nach der Kapitulation der Franzosen in Alexandria gelangte der Stein 1802 nach London ins Britische Museum, wo er noch heute ausgestellt ist.
In der Folgezeit entstand zwischen dem englischen Physiker Thomas Young (1773–1829), dem schwedischen Diplomaten Johann David Akerblad (1763-1819)und dem französischen Diplomaten und Linguisten Antoine Isaac Sylvestre de Sacy (1758-1838) ein erbitterter Wettbewerb um die Entzifferung der Hieroglyphen. Zwar konnten Übereinstimmungen einzelner Namen und Worte zwischen dem demotischen und dem griechischen Text schnell gefunden werden, doch eine vollständige Entzifferung blieb ihnen verwehrt, da es sich bei den Texten jeweils nicht um eine wortgetreue Übersetzung handelte und die Texte auf dem Stein nicht alle vollständig erhalten waren. Thomas Young gelang die Entzifferung einzelner Worte der Hieroglyphenschrift und er äußerte als erster die Vermutung, dass es sich bei diesen nicht ausschließlich um Wortsymbole sondern in einigen Fällen um einzelne Lautzeichen (Phonogramme) handeln könnte, doch der Erfolg blieb ihnen allen verwehrt.
Den richtigen Weg zur Entzifferung fand schließlich ein anderer, Jean Francois Champollion (1790–1832). Der ägyptenbegeisterte Champollion – ganz Frankreich wurde durch die Rückkehr des napoleonischen Expeditionskorps aus Ägypten in eine regelrechte Begeisterung für das Land und seine Kulturschätze gerissen – studierte bereits mit 13 Jahren neben Griechisch und Latein verschiedene orientalische Sprachen und wurde mit 19 zum Professor für alte Geschichte in Grenoble berufen, nachdem er sich in seiner Studienzeit (1807–1809) bereits erstmals – wenn auch erfolglos – an der Entzifferung des Steins von Rosette versuchte. In den Folgejahren wurde seine Arbeit durch die Wirren der Rückübernahme Frankreichs durch die Royalisten stark behindert. Als glühender Napoleon-Anhänger schrieb er Spottlieder auf die vom französischen Königsthron vertriebenen Bourbonen, die schnell sehr populär wurden. Nach Napoleons Verbannung und der Rückkehr der Bourbonen wurde Champollion zunächst nach Italien verbannt. 1821 konnte er schließlich nach Paris zurückkehren und beschäftigte sich von da an intensiv mit der Entschlüsselung des Steins von Rosette. Schließlich hatte er Erfolg und fand den Schlüssel zur Grundstruktur des hieroglyphischen Schriftsystems, d.h. er erkannte mit Hilfe quantitativer Symbolanalysen, dass es sich dabei um eine Kombination aus Bild und Lautzeichen handeln musste.
Literatur:
- C. Andrews: The Rosetta Stone, British Museum Press, London, 1981.
- Ch. Meinel, H. Sack: Digitale Kommunikation, Springer, 2009.