Die wenigen Jahre zwischen dem Niedergang der römischen Republik, dem Aufstieg Julius Cäsars und der Konsolidierung des Prinzipats im römischen Kaiserreich unter Oktavian zählen für mich zu den spannendsten Epochen der Weltgeschichte. Die 24-teilige HBO/BBC Produktion "Rom" zeichnet ein detailliertes und dennoch unterhaltsames Bild jener Epoche und hat mich zur Lektüre eines Bandes der populären 36-bändigen Fischer Weltgeschichte angeregt, Band 7, "Der Aufbau des Römischen Reiches", in dem diese kurze Zeitspanne des 1. vorchristlichen Jahrhunderts in kompakter Form beschrieben wird.
Sonntag Nachmittage im schon sich ankündigenden Herbst bieten sich ja geradezu dazu an, einen Blogeintrag zu schreiben. Diesmal möchte ich nicht nur über das letzte Buch, das ich gelesen habe, schreiben, sondern gleich zu einem Rundumschlag ausholen, bei dem ich den Lesern auch noch zwei Fernsehserien ans Herz legen möchte. Aber zunächst einmal zu den geschichtlichen Fakten, die den Rahmen dazu bilden:
Nach den römischen Bürgerkriegen zwischen den Anhängern des Plebejers Marius und des Aristokraten Sullas geht die römische Republik angeschlagen einer neuen Epoche entgegen. Der Feldherr Pompeius Magnus macht reiche Eroberungen im Osten und schickt sich an, ein zweiter Alexander zu werden -- wobei er aber stets ein zuverlässiger Republikaner bleibt. Marcus Tullius Cicero, der vielen von uns zumindest noch aus dem Lateinunterricht ein Begriff ist, spielt sein Intrigenspiel um die Vormachtstellung im römischen Senat. Gaius Julius Cäsar gelingt nach langem und hartem Ringen die Eroberung von ganz Gallien, aber er entlässt seine Armee nicht aus seinem Dienst, bevor er nach Rom zurückkehrt, sondern überschreitet in voller militärischer Stärke den sprichwörtlich gewordenen Rubikon, den Grenzfluss zwischen Gallia Cisalpina und Oberitalien, und marschiert auf Rom. Der Senat und Pompeius flüchten aus Rom. Pompeius drängt es nach Osten, um seine eigenen Armeen zusammenzuziehen und um Cäsars Streitkräften auf eigenem Territorium entgegenzutreten, aber das Kriegsglück bleibt ihm nicht hold. Cäsar unterwirft zusätzlich das letzte noch verbleibende Königreich am Mittelmeer, das sagenumwobene Ägypten und beginnt seine legendäre Affäre mit der ägyptischen Königin Kleopatra. Zurück in Rom als Diktator auf Lebenszeit wird er das Opfer einer republikanischen Verschwörung, angeführt von Marcus Junius Brutus, und stirbt in einem Hinterhalt im Senat von 23 Dolchstichen durchbohrt an den Iden des Märzes (15.3.) des Jahres 44 v. Chr.
Testamentarisch bestimmt er seinen Großneffen Oktavian als Alleinerben, der zusammen mit Cäsars Freund und Mitkonsul Marcus Antonius und dem Adeligen Gaius Lepidus nach einigen militärischen Konflikten das römische Reich in drei Teile aufteilt. Marcus Antonius erhält den Osten (zusammen mit Ägypten, der Kornkammer des Reiches), Oktavian erhält Italien und die westlichen Provinzen, für Lepidus bleibt das immer noch umkämpfte Afrika. Marcus Antonius verfängt sich in den Reizen und Verführungskünsten der ägyptischen Königin (mit der zusammen er drei Kinder hatte), ein Umstand, den Oktavian politisch für sich ausnutzen kann. Er wirft Marcus Antonius vor, orientalische Unsitten anzunehmen und das römische Reich zu verraten, indem er ihm unterstellt, ein großägyptisches Königreich installieren zu wollen. Die Seeschlacht bei Actium entscheidet die Geschichte zu Gunsten Oktavians, Marcus Antonius und Kleopatra begehen Selbstmord und Oktavian steigt zum alleinigen Herrscher über das römische Imperium auf...
Dem Band 7 der 36-bändigen Fischer Weltgeschichte "Der Aufbau des römischen Reiches -- die Mittelmeerwelt im Altertum III" gelingt es, diese Epoche detailreich und kompakt zusammenzufassen. Neben den oben bereits geschilderten Fakten erhalten wir Einblicke in das Leben und die Sitten der vielen Völker, die das römische Imperium bis zur Zeitenwende in sich aufgesogen hatte, sowie der umgebenden Nachbarn. Um einen ersten Überblick über die Zeit zu gewinnen, eignet sich das Buch hervorragend. Allerdings steckt in der Epoche noch wesentlich mehr Stoff, der als spannende Lektüre dienen kann...
Wer es etwas schneller mag und eine gelungene optische und zugleich unterhaltsame Umsetzung der wichtigsten geschichtlichen Ereignisse dieser Zeit sehen möchte, dem sei die 24-teilige fernsehserie "Rom" wärmstens ans Herz gelegt, die vor kurzem fast unbemerkt im RTL2-Samstagsabendprogramm lief. Zwar habe ich selbst nur eine einzelne Folge der deutschen Version gesehen, aber ich war bereits angefixt und habe mir in den vergangenen Wochen alle 24 Folgen in der englischsprachigen Originalausgabe mit Begeisterung angesehen. Etwas schwierig dabei war zugegebenermaßen die englische Aussprache der lateinischen Namen :) Während mein alter Lateinlehrer noch darüber philosophierte, ob man "Cicero" denn nun besser als "Kikero" oder "Zizero" aussprach (die Indizien sprechen übrigens für "Kikero"), fiel es mir manches mal schon etwas schwer, den englischen Akzent aus den lateinischen Wörtern "herauszufiltern", um diese zu identifizieren. Aber die Originalstimmen sind einfach großartig und authentischer als die Synchronisation.
Auch sind die vielen freizügigen Sexszenen sicher nicht jedermanns Geschmack. Aber - und das wird deutlich - hatten die alten Römer auch andere Einstellungen zu öffentlicher Freizügigkeit, zum menschlichen Körper und insbesondere auch zum Wert eines menschlichen Lebens. Auch wenn die Serie natürlich kein "authentisches" Bild der römischen Kultur bietet, ist sie dennoch viel näher dran, als vergleichbare Produktionen der Vergangenheit (insbesondere auch als der vielfach dafür kritisierte Film "Gladiator"). "Rom" verknüpft die großen geschichtlichen Ereignisse mit dem Leben zweier einfacher römischer Legionäre, Lucius Vorenus und Titus Pullo, die tatsächlich auch in Cäsars Bericht zum gallischen Krieg (De bello gallico) erwähnt werden, denen es immer wieder gelingt, ein entscheidendes Detail zum Gang der Geschichte beizutragen.
Aber wenn es um das römische Kaiserreich geht, darf Robert Ranke-Graves (übrigens verwandt mit dem großen Historiker Leopold von Ranke) nicht fehlen. Sein einzigartiger Roman "Ich, Claudius, Kaiser und Gott", spielt zwar erst in der darauffolgenden Epoche und zeigt den Niedergang der julisch-claudischen Dynastie (Augustus, Tiberius, Caligula und Claudius) als fiktive, autobiografische Aufzeichnungen des Kaisers Claudius. Wer diese großartige Charakterisierung römischer Kultur lesen möchte, sollte die umfangreichere zweibändige englische Originalausgabe lesen. Der von Ranke-Graves persönlich gekürzten deutschen Version fehlen meiner Ansicht nach einige wichtige Teile. Kongenial wurde dieses Buch durch eine wunderbare BBC-Miniserie "I, Claudius" in den 70er Jahren umgesetzt, die die Grabenkämpfe des römischen Herrscherhauses in einzigartiger Weise mit hervorragender Besetzung (Derek Jacobi, Patrick Steward -- Captain Picard mit Locken... , John Rhys-Davies und John Hurt) als Kammerspiel schildert. Diese Serie hat mich bereits als Schüler im Abendprogramm des bayerischen Fernsehens fasziniert - und das nicht nur, weil mir viele der Charaktäre aus dem Lateinunterricht vertraut waren.
Fazit: Heute hagelt es nur so vom Empfehlungen. "Rom" und "Ich Claudius, Kaiser und Gott" als DVD sowie Fischers Weltgeschichte und Robert Ranke-Graves Buch "Ich Claudius, Kaiser und Gott". Für alle, die etwas mehr über die Wurzeln unserer abendländischen Kultur erfahren wollen und denen Asterix alleine als Informationsquelle (der sei hier auch noch einmal empfohlen) nicht ausreicht . LESEN!
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