In 'Rebecca' erzählt Daphne du Maurier die Geschichte einer schüchternen jungen Frau, die als Gesellschafterin Mrs. Van Hopper, eine reiche ältere Dame, auf ihren Reisen begleitet. In Monaco lernt die die junge Frau abends im Hotel den wohlhabenden Witwer Maxim de Winter kennen. Der um einiges ältere Maxim findet Gefallen an seiner jungen Bekanntschaft und nach kurzer Zeit hält er vollkommend überraschend und nicht sonderlich romantisch um ihre Hand an. Nach den kurzen Flitterwochen nimmt er sie mit nach Manderley, dem herrschaftlichen Stammsitz der Familie de Winter. Doch ist die junge Frau der neuen Aufgabe als Schlossherrin über eine vielköpfige Dienerschaft nicht wirklich gewachsen. Dazu kommt, dass alles immerfort nur von Maxims erster Ehefrau, der verstorbenen Rebecca schwärmt. Allen voran die Haushälterin Mrs. Denvers, die der Dienerschaft vorsteht und Rebecca de Winter geradezu abgöttisch verehrt und glorifiziert. Sie kann es nicht ertragen, dass es eine neue Herrin auf Manderley geben soll und setzt alles daran, Maxims neue Frau zu demütigen und zu vertreiben. Doch es gibt ein dunkles Geheimnis, dass die schöne Rebecca umgibt, die damals bei einem Bootsunfall ums Leben gekommen ist. Als dann bei einem Sturm ein Schiff auf eine nahegelegene Sandbank läuft, wird eine ungeheuerliche Entdeckung gemacht und die Vergangenheit kommt Schritt für Schritt unweigerlich ans Licht...
Mit etwas Abstand betrachtet kann ich jetzt milder über den Roman urteilen, der mir zunächst an vielen Stellen klischeebehaftet und kitschig erschien. Man muss zugeben, die anfängliche Romanze in Monte Carlo, der gut erhaltene und unglückliche Witwer mit dem düsteren Gemüt, das unerfahrene, schüchterne und mitunter selten dämliche Mädchen. Naja, aber der Roman entwickelt sich und mit ihm seine Protagonistin, die die Geschichte aus der Perspektive des Ich-Erzählers im Rückblick aufrollt. Am Ende drehen sich die Rollenverhältnisse beinahe um und zwischendurch wird es bei der Auflösung des Rätsels auch richtig spannend. Hitchcock hatte den Film 1942 kongenial mit Laurence Olivier und Joan Fontaine in Szene gesetzt und auch wenn ich ihn vor fast 30 Jahren zum letzten Mal im Fernsehen gesehen habe, erinnere ich mich noch, wie er mich in seinen Bann gezogen hat. Der Roman dagegen ist etwas langsamer erzählt und manchmal möchte man der Protagonistin einen kräftigen Schupps in die richtige Richtung geben.
"Ich dachte, wie viele Menschen in der Welt wohl litten und nicht aufhörten zu leiden, weil sie dem Netz ihrer eigenen Scheu und Zurückhaltung nicht entrinnen konnten und statt dessen in ihrer törichten Blindheit eine hohe Mauer um sich herum errichteten, die ihnen die Wahrheit verbarg. Ich hatte das auch getan. Ich hatte Zerrbilder in meiner Phantasie geschaffen, von denen ich meine Augen nicht hatte abwenden können. Ich war nie mutig gewesen, um die Wahrheit zu fordern..."(Seite 321)Fazit: eine Gratwanderung zwischen sentimentalem Kitsch und spannenden Film Noir, aber auf alle Fälle ein lesenswerter Klassiker des Genres. Lesen!
Daphne du Maurier
Rebecca
3. Auflage
Fischer Taschenbuch Verlag,
Frankfurt a. Main, 2011
480 Seiten
8,00 Euro