Dienstag, 6. April 2010

Was ist dran an so einem Bestseller? - Stieg Larsson "Verdammnis"

Eigentlich wollte ich schon vor gut 2 Wochen über den 2. Teil von Stieg Larssons Millennium-Trilogie schreiben, aber ich bin einfach nicht dazu gekommen. Daher hatte der sehr schnell gelesene Band, der seinem Ruf als "Pageturner" tatsächlich auch gerecht wird, diesmal einige Zeit, sich zu setzen und umso prägnanter kann meine Rezension jetzt werden: ja, ich werde auch noch den dritten Teil lesen. Warum ? Das werde ich gleich begründen....

"Das Mädchen, das mit dem Feuer spielte", so lautet der Originaltitel des zweiten Bandes der Millennium-Trilogie des jung verstorbenen schwedischen Kriminalautors Stieg Larsson ("Die Welt" bezeichnet ihn daher auch als den 'Heath Ledger' der Krimi-Autoren), der im Deutschen unter dem Titel "Verdammnis" erschienen ist. Warum, so frage ich mich, wurde der Titel abgesehen von der Alliteration mit den Titeln des Vorgängerbandes ("Verblendung", hier bereits im biblionomicon besprochen) bzw. des Nachfolgerbandes ("Vergebung") so genannt? In letzter Zeit denke ich öfter über die Übersetzungskünste deutscher Verlage nach (wie man aus den letzten Blogposts leicht ersehen kann) und muss mich stets wundern, da ich anscheinend einer der wenigen Leser zu sein scheine, der doch tatsächlich Zusammenhänge zwischen dem Titel und dem Inhalt des Buches sucht. Aber ich will nicht wieder gleich mit dem Gelästere anfangen, sondern erst einmal erzählen, worum es diesmal überhaupt geht.

Der Handlung des Bandes setzt ein gutes Jahr nach dem ersten Band ein. Wieder sind es der Journalist Mikael Blomqvist und die "quasi-autistische Punk-Hackerin" Lisbeth Salander, die im Mittelpunkt der Ereignisse stehen. Und zwar ist es diesmal Lisbeth, die ins Fadenkreuz der Ermittlungen gerät, da ihre Fingerabdrücke auf einer Mordwaffe gefunden werden und sie entsprechend ihrem "schrägen" Lebenswandel leicht auch für eine psychopathische Mörderin durchgehen könnte. Aber irgendwie passt alles nicht zusammen. Da gibt es zunächst einmal keine Verbindung zwischen den beiden Mordopfern und Lisbeth, aber schnell taucht noch ein drittes Mordopfer auf, Lisbeths von Gerichtswegen zugeteilter "Betreuer" (wir erinnern uns ja, dass Lisbeth als psychisch gestört gilt).

"Eine geraume Weile blieb sie sitzen und starrte vor sich hin. Es gibt keine Unschuldigen. Es gibt nur verschiedene Abstufungen von Verantwortung."(Seite 606)
"Lisbeth Salander war eine Frau, die Männer hasst, die Frauen hassen." (Seite 692)
Aber zunächst einmal steht die Polizei vor einem Rätsel, was das Motiv angeht. Das hindert die Behörden aber nicht, zur Großjagd auf Lisbeth Salander zu blasen. Mikael Blomqvist will der Version der Polizei keinen Glauben schenken. Er kennt Lisbeth Salander gut. Zwar hält er sie für durchaus fähig, einen Mord zu begehen, aber nur wenn sie dafür auch einen guten Grund dazu hätte. Blomqvist ermittelt auf eigene Faust, um die Wahrheit herauszufinden und um seiner untergetauchten Freundin aus der Patsche zu helfen. Dabei stößt er auf ein Netz von Prostitution und baltischen Mädchenhändlern, in das auch der lokale Polizeiapparat bis in die höchsten Kreise hinein verwickelt zu sein scheint.

Stop, das ist ja wieder ein Kriminalroman. Daher kann ich eigentlich auch nicht mehr zur Handlung erzählen, ohne einen Großteil der Spannung vorwegzunehmen. Und spannend, das ist der gut 750 Seiten starke Roman, auch wenn er zwischendurch einige kleinere Längen aufweist. Wir lernen wieder eine ganze Menge über den schwedischen Alltag, über IKEA, Ess- und Lebensgewohnheiten, und das macht auch einiges vom Charme dieser Romane aus. Auch diesmal wird wieder nicht von sexueller (und anderer) Gewalt zurückgeschreckt, nur dass es im Gegenteil zum ersten Band "Verblendung" diesmal nicht "in der Familie" bleibt. Wir lernen neue Seiten (geahnt oder auch ungeahnt) an Larssons Protagonistin Lisbeth Salander kennen und entgegen aller Erwartungen gelingt es, alle losen Enden der vielschichtigen Erzählung am Ende zu einem stimmigen Ganzen zu verknüpfen. Aber eigentlich - und ich lehne mich jetzt hier nicht zu weit zum Fenster hinaus und verrate etwa zu viel - eigentlich ist der Roman am Ende ja noch gar nicht zu Ende, sondern der Autor hinterlässt dem verblüfften Leser einen echten Cliffhanger. Das ist zwar nicht tragisch, d.h. ich hatte nicht sofort das unstillbare Bedürfnisse übergangslos den dritten Teil zu lesen (dazu war das Ganze doch nicht spannend genug), aber lesen werde ich den letzten Band noch auf alle Fälle.

Fazit: Band zwei ist fast noch besser als der erste - auch wenn es einige kleinere Längen gibt. 750 Seiten, die sich gut und gerne in wenigen Tagen in einem Rutsch durchlesen lassen und den Appetit nach mehr anregen.

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