1933 völlig unbeachtet in einem kleinen Wiener Verlag erschienen, bleibt diese fantastische Erzählung doch in Erinnerung. Es geht um das Thema Zeitreise. Ein deutscher Gelehrter baut Anfang des 20. Jahrhunderts ganz im Alleingang tatsächlich eine funktionsfähige Zeitmaschine und versetzt sich mit dieser zurück in die Zeit des 30-jährigen Krieges. Aber die Reise gerät zur "Einbahnstraße", ein Rückkehr ist nicht möglich. Erzählt wird das Ganze aus der Sicht eines Historikers, der in das fränkische Ansbach reist, um im Auftrag der Akademie der Wissenschaften "Rechtsaltertümer von Stadt und Kreis Ansbach zu sammeln und herauszugeben". Bei seiner Recherche stößt er auf Berichte aus der Zeit des 30-jährigen Krieges und über Erasmus Büttgemeister, einen seltsamen "Zeitgenossen", der so gar nicht in diese damalige Zeit zu passen scheint. Tatsächlich gerät er auf die Spur, die unser "Zeitreisender" in der Geschichte hinterlassen hat, da dem Historiker dessen höchsteigener Bericht in die Hände fällt. Allerdings - und das kann ich an dieser Stelle schon sagen - nimmt die Geschichte für den Zeitreisenden keinen guten Ausgang. In einer Zeit, da Hexenverfolgung und Aberglaube noch an der Tagesordnung sind, muss man mit seinen "modernen" Kenntnissen höllisch aufpassen, um nicht in die Schusslinie zu geraten. Zumal stellt sich dann auch - wie immer in Zeitreiseerzählungen - die Frage nach der Kausalität: Kann man den Gang der Geschichte verändern? Kann man sein Wissen um zukünftige, aber noch nicht eingetretene Ereignisse zum eigenen Vorteil nutzen? Interessantes Bindeglied zwischen Vergangenheit und Gegenwart ist dabei die Figur des Ahasverus, des "ewigen Juden", der christlichen Legende nach ein jerusalemer Schuster, der Christus, als dieser sein Kreuz durch die Straßen Jerusalems trug, die Rast auf seiner Türschwelle verweigert haben soll. Von Gott bestraft muss dieser auf alle Zeiten ohne Rast durch die Welt wandern ohne sterben zu können....
Im Laufe der Handlung trifft unser Zeitreisender auf bekannte Zeitgenossen des 17. Jahrhunderts, wie z.B. Wallenstein oder Friedrich Spee, dem in diesem Buch auch folgendes wunderschöne lateinische Zitat zugesprochen wird:
In aeterno corda rerum(Der Dinge Wesen in Unendlichkeit liegt. Im Auf und Ab des Tages dich der Schein besiegt. Und keine Stunde Dir beständige Wahrheit gibt.)
Nil in unda est dierum
Et in hora nihil verum.
Aber wenn ich schon damit anfange, muss natürlich auch der Heilige Augustinus zu Wort kommen, der am Eingang des Buches zitiert wird mit seinem Versuch, das Wesen der Zeit zu ergründen:
Quid sit tempus?Sehr gerührt hat mich dann auch die Abschlussbemerkung des suhrkamp Verlags, in der der Verlag seine Bemühungen beteuert, den Inhaber des Urheberrechtes bzw. die Erben Oswald Levetts zu ermitteln, der 1942 in einem nationalsozialistischen Vernichtungslager ums Leben kam. Der Rechteinhaber wird gebeten, sich mit dem Verlag doch bitte in Verbindung zu setzen....
Si nemo me quaerit, scio.
Si explicare velim, nescio.
Was die Zeit sei?
Ich weiss es, so man mich nicht fragt.
Ich weiss es nicht, soll ich's erklären.
Fazit: Ein etwas anderer Zeitreiseroman, gar nicht vergleichbar mit der zuletzt hier rezensierten Zeitreisegeschichte, kurz und knapp erzählt, mit vielen Bildmotiven der Romantik und Lokal- bzw. vielmehr "Zeitkolorit". Die alte Sprache ist manchmal etwas gewöhnungsbedürftig, aber dennoch eine Empfehlung, an alle, die das Ungewöhnliche reizt....
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