Die Entwicklung des Buchdrucks wird oft als initiales Ereignis gewertet, das den Menschen in eine Epoche der für jedermann zugänglichen und massenhaft verbreiteten Information führte. Seine Auswirkungen lassen sich kaum unterschätzen. So sahen es bereits die Zeitgenossen als ausgemachte Sensation, insbesondere die kirchlichen und weltlichen Machthaber, Information tausendfach und in Windeseile mit Hilfe der neuentwickelten Drucktechnik zu vervielfältigen.
Dem Kaumannssohn Johannes Gensfleisch zum Gutenberg (1397–1468), einem einfallsreichen Goldschmied, der den Hof zum Gutenberg in Mainz bewohnte, erfand ein neues Gießverfahren für bewegliche Lettern (Stempel) von hoher Präzision, das einen massenhaften Druck überhaupt erst ermöglichte. Ein sehr praktisches Folgeprodukt - also quasi die "Teflonpfanne" zu seiner epochalen Erfindung - stellt die dazu notwendige Normierung unserer Schrift dar, die heute oft übersehen wird. Gutenberg war seit 1434 nachweislich in Straßburg tätig, wo er bereits mit dem Typenguss und mit beweglichen Drucklettern experimentierte. Aus der Zeit davor gibt es nur wenige Quellen über ihn. Die Universität Erfurt rühmt sich der Immatrikulation eines ”Johannes de Alta villa“ für das Sommersemester 1418. Da Gutenberg nahe Verwandte in Eltville hatte und seine Familie aufgrund von Auseinandersetzungen mit den Mainzer Zünften die Heimatstadt mehrfach verlassen musste, geht man davon aus, dass er sich - wie damals üblich - unter seinem Vornamen, gefolgt von seinem Herkunftsort in das Matrikelbuch eingeschrieben hatte. Bekannt ist, dass er selbst auch als bücherkopierender Verlagsschreiberarbeitete, wobei er auch die sogenannten Blockbücher kennenlernte, die in einem einfachen, auf dem Holzschnitt beruhenden Stempelverfahren hergestellt wurden.Daneben wandelte er auch das bislang gängige Druckverfahren ab: anstelle die Farbe durch Abreiben auf das Papier aufzutragen, wie es bei Holzschnitten üblich war, verwendete Gutenberg eine Druckerpresse, um die Farbe durch gleichmäßigen, hohen Druck auf das Papier zu übertragen. Um 1437 ließ er durch den Mainzer Drechsler Konrad Saßbach eine Drucker- presse nach seinen Entwürfen bauen, die ihrem Äußeren nach eher an eine Weinpresse erinnerte.
Zum Erstellen der Druckvorlage wurden vom Setzer zunächst die Typen für eine einzelne Zeile in einem Winkelhaken zusammengetragen. Um zu gewährleisten, dass alle Zeilen in etwa die gleiche Länge aufweisen, wurde so genanntes Blindmaterial zwischen die Typen eingebracht, um so die Abstände zwischen ihnen auszugleichen und um einen Blocksatz zu erzielen. Die einzelnen Zeilen wurden in einem Setzschiff zu Spalten bzw. zu ganzen Seiten zusammengefasst. Dabei wurde der Zeilenabstand durch weiteres Blindmaterial korrigiert. Der fertig gesetzte Druckstock wurde dann mit Druckerschwärze (auch eine eigenständige Entwicklung Gutenbergs, hergestellt aus Lacken, Ölen, Holz, Lampenruß, Pech und Firniss) mit Hilfe eines ledernen Farbballens eingefärbt und in die Presse gelegt, in der ein befeuchteter Papierbogen bedruckt wurde. Dazu wurde der Papierbogen mittels Nadeln (Punkturen) in einem klappbaren Deckel fixiert, über den zum Druck noch ein weiterer Rahmen geklappt wurde, damit die nicht zu bedruckenden Seitenanteile nicht beschmutzt werden.In der Zeit um 1450 entstand der erste Gutenberg zugeschriebene Druck (wenn auch Datierung und Zuordnung kontrovers diskutiert werden), der nur in einem kleinem Fragment erhalten geblieben ist: ein Gedicht vom Weltgericht in deutscher Sprache nach einem um 1360 in Thüringen verfassten Sibyllenbuch. Es folgen die Mainzer Ablassbriefe, eine Schulgrammatik des Donnatus, ein astrologisches Blatt der Planetenkonstellationen und andere Druckwerke, die jedoch in ihrer Datierung ebenfalls umstritten sind. Gutenbergs erstes repräsentatives Druckwerk, das ihn weit bis über seinen Tod hinaus berühmt machen sollte - die 42-zeilige lateinische Bibel (B42) - entstand in den Jahren 1452–1456. Dabei sollte die für die damalige Zeit schier unglaubliche Zahl von 189 Bibeln gedruckt werden, jede davon mit mehr als 1.200 Seiten Umfang. Erst der Erfolg dieses gigantischen Vorhabens sollte Gutenberg und mit ihm der Drucktechnik den großen Durchbruch ermöglichen.
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- Eine kurze Kulturgeschichte des Lesens (24.01.2008)
- Zum 400. Geburtstag der Zeitung (15.01.2009)
- Wie die Hieroglyphen entziffert wurden (27.10.2010)
- Eine kurze Geschichte der verbotenen Bücher - Index Librorum Prohibitorum (15.11.2010)
- Eine kurze Geschichte des Papiers (7.01.2011)
- Eine kurze Geschichte des Buchdrucks:
- Drucktechnik vor Gutenberg (04.02.2011)
- Gutenbergs (R)evolution (19.02.2011)
- Gutenbergs Meisterstück (28.03.2011)
- Der Buchdruck macht Geschichte (15.04.2011)
- Von der Inkunabel zum Bestseller (13.09.2011)
Bibliografische Links:
- Ch. Meinel, H. Sack: 'Digitale Kommunikation - Vernetzen, Multimedia, Sicherheit', Springer (2009)
- H. Schanze: Handbuch der Mediengeschichte, Kröner (2001)
- S. Füssel: Johannes Gutenberg, Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Reinbeck bei Ham- burg (1999)