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Mainzer Psalterium (1457) |
Nach der Übernahme von Gutenbergs Mainzer Druckereiwerkstatt durch seinen Geschäftspartner
Johannes Fust und dessen Gehilfen
Peter Schöffer entwickelte sich auch die Druck- und Verfahrenstechnik weiter. Insbesondere Peter Schöffer, der nach der Heirat mit Fusts Tochter Christine zu dessen Schwiegersohn und Partner wurde und die Mainzer Druckwerkstatt nach Fusts Tod 1466 übernahm, zeichnete sich durch die Verfeinerung der typografischen Zierelemente, die Kunstfertigkeit des Metallschnitts und einen verbesserten Rotdruck aus, mit der sich Schöffer von den Arbeiten der Rubrikatoren und Illuminatoren völlig lösen konnte. Man geht davon aus, dass zu diesem Zweck zunächst die vollständige Druckseite einschließlich aller Verzierungen gesetzt wurde. Dann wurden die farbig zu druckenden Teile herausgenommen, getrennt von dem schwarz zu druckenden Anteil eingefärbt und wieder in die Druckseite eingesetzt, bevor diese in den Druck ging. Damit konnte das Buch direkt aus der Druckerpresse in die Buchbinderwerkstatt gehen. Allerdings konnte sich diese aufwändige und dadurch sehr teure Technik nicht durchsetzen. Das Ausmalen und Kolorieren von Hand sollte noch bis ins 18. Jahrhundert in Gebrauch bleiben. Allerdings änderte sich mit der Zeit auch der allgemeine Geschmack und es entwickelte sich eine neue, schlichtere Buchästhetik, die auf die Farbe als Teil des Erbes einer mittelalterlicher Manuskriptkultur ganz verzichteten konnte.
Schöffer nahm Holzschnitte als Abbildungen in den Druck mit auf und produzierte 1484/1485 zwei reich illustrierte Pflanzenbücher (
Herbarius Latinus und
Hortus Sanitatis [1]) und Gesundheitsratgeber. Neben den technischen Neuerungen geht die Verwendung von sogenannten
Druckermarken ebenfalls auf Peter Schöffel zurück.
Die frühen Druckwerke der
Inkunabelzeit erschienen noch ohne ein Titelblatt, sondern legten Informationen über die Urheberschaft und die Entstehung des Druckwerks in einem abschließenden, zusätzlichen Text, den sogenannten "
Kolophon" (auch "Explicit") ab, die den Namen des Druckers, der Geldgeber und des Verlegers, den Druckort und ein genaues Datum enthielten. Ergänzend wurden oft bildliche Darstellungen und Symbole hinzugefügt, die den Druck als Produkt einer ganz bestimmten Werkstatt (
Offizin) auswiesen und so als Urhebernachweis dienten und das Druckwerk so gegen den damals sehr verbreiteten unrechtmäßigen Nachdruck schützen sollten bzw. für die Qualität des Druckes (inhaltlich wie handwerklich) bürgten.
Zu einem europaweiten Umschlagplatz für die neuen Druckerzeugnisse aus Deutschland, Frankreich, Italien und den Niederlanden entwickelte sich die Frankfurter Messe. Verkauft wurden dabei vorwiegend Rohdrucke, d.h. ungebundene bedruckte Papierbögen, die von den Druckwerkstätten in Fässern lagernd transportiert und ausgeliefert wurden. Das Buchbinden sowie die künstlerische Ausgestaltung des Druckes mit Rubrizierungen und Illuminationen oblag anschließend dem Käufer. Zunächst wurden fast ausschließlich großformatige Folianten gedruckt, die für den Gebrauch in der kirchlichen Liturgie oder für Universitäten bestimmt waren. Erst ab 1480 setzte eine deutliche Verkleinerung der Druckformate ein. War es bislang üblich, Handschriften wie Druckwerken am Ende ein Kolophon mit den Angaben zu Schreiber bzw. Drucker und Druckort hinzuzufügen, wurden diese Angaben aus praktischen Gründen zusammen mit dem Titel des Buches nach vorne auf ein separates Titelblatt gezogen und das Buch nahm erstmals die uns heute gebräuchliche Form an. Auch die Verwendung von Seitenzahlen (Pagnierung) kam in dieser Zeit erstmals auf, ebenso wie erste gedruckte Werbeplakate für den Verkauf von Büchern.
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Seite aus Albrecht Pfisters Druck
"Der Edelstein" (1461) |
Zu den frühen Zentren des Buchdrucks zählten unter anderem die Städte Bamberg und Straßburg. So druckte
Albrecht Pfister in Bamberg erste Werke in deutscher Volkssprache - 1461 die Sammlung
äsopischer Fabeln ”
Der Edelstein“, die als das erste in deutscher Sprache gedruckte Buch überhaupt gilt, und um etwa 1470
Johannes v. Tepls ”
Ackermann aus Böhmen“, beide durchgängig mit großformatigen Holzschnitten illustriert. In Straßburg druckte
Johannes Mentelin bereits um 1460 eine erste Bibelausgabe mit von ihm neu entwickelten Schrift-Typen. Außerdem druckte er Ausgaben der Schriften der Kirchenväter, zahlreiche lateinische Klassiker und auch Wolfram von Eschenbachs mittelalterliches Epos ”
Parzifal“. In den folgenden Jahren entstanden Druckwerkstätten in allen wichtigen deutschen Handelszentren, wie Köln, Augsburg, Nürnberg oder Lübeck. Insbesondere aber sollte sich der Export der neuen Technik über die Alpen nach Italien als Motor erweisen, der für eine Weiterverbreitung und die Hochkultur des Druckgewerbes wegweisend sein sollte. In Rom alleine entstanden bis zum Jahre 1500 vierzig Druckbetriebe, von denen 25 nachweislich mit deutschen Druckern arbeiteten. In Venedig betrieben die Brüder
Johann und Wendelin von Speyer seit 1469 eine erste Druckwerkstatt, für die sie bei der Stadt ein Monopol erwirkten. Neben lateinischen Klassikern und juristischen Schriften stammte aus ihrer Werkstatt auch eine erste Ausgabe von
Petrarcas Werken in der italienischen Volkssprache.
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Buchseite von Francesco Colonnas
Hypnerotomachia Poliphili,
gedruckt von Aldus Manutius |
Der bedeutendste Drucker Venedigs jener Epoche aber war
Aldus Manutius (1449–1515). Er entwickelte die aus Deutschlad stammende Druckkunst zu hoher Kunstfertigkeit weiter. Seine "
Aldinen", also die von ihm erstellten und publizierten Drucke, gelten als die schönsten bibliophilen Druckwerke der gesamten Renaissance. In Frankreich dagegen zählten vor allen Dingen die Universitäten zu den Förderern des neuen Druckgewerbes. Der Bedarf an hohen Auflagen der an den Universitäten gelehrten klassischen und humanistischen Texten ließen zahlreiche Druckereibetriebe entstehen. Bereits 1470 wurde die erste Druckerei Frankreichs an der Pariser Sorbonne gegründet und rasch folgten weitere Universitätsstädte. Vom Kontinent nach England wurde die neue Drucktechnik durch den Tuchhändler
William Caxton (1422-1491), der sich in Köln zum Buchdrucker ausbilden ließ. Mit seinen ersten, noch aus Köln stammenden Typen druckte er 1475 in Brügge das erste Werk in englischer Sprache ”
Recuyell of the Historyes of Troy“. In Westminster eröffnete er 1476 die erste Druckerei auf englischen Boden und begann mit dem Druck von Ablassbriefen, gefolgt von Geoffrey Chaucers berühmten ”
Canterbury Tales“ (
hier rezensiert im Biblionomicon [2]).
Von Mitteleuropa aus erreichte die Druckkunst 1483 Stockholm, 1503 Istambul, 1515 Saloniki, 1553 Moskau, 1556 Goa (Indien) und 1590 schließlich auch Kazuna in Japan.
Weitere Beiträge zur Mediengeschichte im Biblionomicon:
Literatur:
- [1] Cuba, Johannes von / Breydenbach, Bernhard von: Gart der Gesundheit, [Straßburg], [nach 1487.03.31], Bayerische Staatsbibliothek.
- [2] Eine Pilgerreise als Ausgangspunkt der englischen Literaturgeschichte - Geoffrey Chaucer 'Canterbury Tales', Biblionomicon (01.01.2011)
- [3] Giesecke, Michael: Der Buchdruck in der frühen Neuzeit. 4. Auflage. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag (2006).
- [4] Meinel, Ch., Sack, H.: Digitale Kommunikation Vernetzen, Multimedia, Sicherheit, Springer Verlag, Heidelberg (2009).